"...dass die Welt vermutlich genau so entstanden war, aus all diesem Verrühren und Vermischen und Vermengen. Auch Tsunamis hatten offenbar ihre Daseinsberechtigung. Sie michten den Kosmos auf, ebenso wie Erdbeben, Überschwemmungen, Erdrutsche und Bergstürze, und mochten sie auch für den Menschen eine Katastrophe sein, mochten sie ihn töten, verbrennen, ertränken oder verschütten, so brachten sie doch immerhin die Welt wieder ins Gleichgewicht."
Laura Imani Messina
Die Telefonzelle am Ende der Welt
Roman
btb 2021
Am 11. März 2011 ist ein Tsunami über die Küstenregion von Tohoku im Nordosten von Japan hereingebrochen.
Zahllose Menschen haben an dem Tag ihr Leben verloren.
Wer überlebt hat, dem wurde vom Wasser alles genommen;
Geliebte Menschen, das zu Hause, Perspektiven, Zukunftspläne, Lebensinhalte.
Yui istr auf dem Weg zur Arbeit, als die Warnsyrenen losgehen. Sofort ruft sie ihre Mutter an, die mit der Enkelin in eine Schutzunterkunft geflüchtet ist. Im Wissen darum, dass die beiden in Sicherheit sind, versucht Yuri selbst an einen sicheren Ort zu gelangen.
Vom höchsten Ort, den sie in der kurzen Zeit zu erreichen vermochte, schaut sie runter auf die Stadt und sieht zu, wie diese von der Welle überrollt und weggeschwemmt wird. Erst später erfährt sie, dass auch die Unterkunft, in der ihre Liebsten waren, überschwemmt wurde. Es gab keine Überlebenden.
Jahre später, Yuri lebt in Tokyo und arbeitet als Radiomoderatorin, erfährt sie vom Telefon des Windes.
In Bell Gardia steht eine Telefonzelle, ans Netz ist sie schon lange nicht mehr angeschlossen, doch wenn man ihren Hörer ans Ohr hält, vernimmt man die Stimmen seiner Ahnen.
Neugierig auf diesen Ort, fährt Yuri dort hin. Doch hat sie den Mut, den Hörer abzuheben und ihrer Mutter und ihrer Tochter hallo zu sagen?
"Die Telefonzelle am Ende der Welt" ist ein Buch voller Weisheit und Magie
Noch nie fand ich einem Buch über Trauer und Verlust so viel Leben, Zuversicht und Herzlichkeit.
Die Autorin vermittelt zwischen den Zeilen ein japanisches Lebensgefühl und es begegnen einem Menschen, denen man gerne auch mal im wahren Leben begegnen und mit ihnen eine Tasse Tee trinken würde.
Der Zauber der Geschichte zieht einem beim Lesen in seinen Bann und ich habe mir immer wieder Stellen markiert, weil sie so wunderschön sind und mich sehr berühren.
Es kommt das Gefühl auf, dass in diesem Buch kein einziges Wort zu viel steht.
"Die Telefonzelle am Ende der Welt" hat sich Seite für Seite einen ganz besonderen Platz in meinem Buchhändlerherz erschlichen.
Um es zum Abschluss in den Worten der Autorin zu sagen:
"Doch auch sie war davon überzeugt, dass Worte, ob man sie hörte oder las, per Zufall zu den Menschen kamen, aber nicht ohne Absicht."